
Heute jährt sich der Abschuss des Iran-Air-Flugs 655 durch die US Navy zum 37. Mal. Das Ereignis erschütterte 1988 die Welt und belastet bis heute die Beziehungen zwischen den USA und dem Iran. Am 3. Juli 1988 schoss der US-Kreuzer USS Vincennes einen zivilen Airbus A300 über der Straße von Hormus ab. Dabei kamen alle 290 Menschen an Bord, darunter 66 Kinder, ums Leben. Der Vorfall, der in iranischen Hoheitsgewässern stattfand, ist bis heute ein Symbol für die Kontroversen um die Verantwortung und die fehlende Reue.
Am Morgen des 3. Juli 1988 startete der Iran-Air-Flug 655 vom Flughafen Bandar Abbas Richtung Dubai. Wenige Minuten nach dem Start, um 10:54 Uhr Ortszeit, feuerte die USS Vincennes zwei Luft-Luft-Raketen auf das Flugzeug ab. Es wurde fälschlicherweise als feindlicher F-14-Kampfjet identifiziert, so die Darstellung der US-Regierung. Die USS Vincennes befand sich inmitten eines Gefechts mit iranischen Schnellbooten und hatte iranische Hoheitsgewässer betreten, was die Situation zusätzlich verschärfte. Alle 290 Passagiere und Besatzungsmitglieder, darunter Staatsangehörige aus dem Iran, den Vereinigten Arabischen Emiraten, Indien, Pakistan, Jugoslawien und Italien, starben.
Der Abschuss ereignete sich während des Iran-Irak-Kriegs (1980–1988) in einer Zeit erhöhter Spannungen im Persischen Golf. Die USA hatten Kriegsschiffe in der Region stationiert, um den Öltransport zu sichern, nachdem Angriffe auf Tanker eskaliert waren. Die USS Vincennes, ein hochmoderner Kreuzer unter dem Kommando von Kapitän William C. Rogers III, wurde durch eine Kombination aus Stress, Fehlinterpretation von Radardaten und der geteilten Nutzung des Flughafens Bandar Abbas durch zivile und militärische Flugzeuge in die Irre geführt.
Die USA bezeichneten den Vorfall als „tragischen Unfall“ und drückten ihr „tiefes Bedauern“ aus. Eine formelle Entschuldigung legten sie jedoch nicht vor. Präsident Ronald Reagan erklärte, die Besatzung habe in einer angespannten Lage gehandelt. Im Jahr 1996 zahlten die USA 61,8 Millionen Dollar Entschädigung an die Familien der Opfer, ohne eine Haftung anzuerkennen. Die Entscheidung, Kapitän Rogers im Jahr 1990 mit der „Legion of Merit” auszuzeichnen, löste im Iran und international Empörung aus und wurde als Zeichen mangelnder Verantwortung wahrgenommen.
Im Iran wird der 3. Juli als nationaler Trauertag begangen, der symbolisch mit dem US-Unabhängigkeitstag zusammenfällt. Der Vorfall wird als Beispiel für US-Aggression gesehen. In den sozialen Medien, insbesondere auf Plattformen wie X, wird diese Sichtweise widergespiegelt: „290 Zivilisten getötet, ohne Grund oder Entschuldigung“, schrieb ein Nutzer (@upholdreality) heute. Ein anderer Beitrag von @PressTV bezeichnete den Abschuss als „kaltblütigen terroristischen Angriff“.
Der Abschuss des Flugs 655 verschärfte die Spannungen zwischen den USA und dem Iran und beeinflusste spätere diplomatische Verhandlungen, etwa zum Atomabkommen (JCPOA) im Jahr 2015.
Die UN-Sicherheitsratsresolution 616 aus dem Jahr 1988 drückte „tiefe Besorgnis” aus, konnte die Kontroverse jedoch nicht beenden. Medienanalysen wie die des Kommunikationswissenschaftlers Robert Entman kritisierten die unausgewogene Berichterstattung im Vergleich zu anderen Flugzeugabschüssen wie dem der Korean Air Lines 007 durch die Sowjetunion im Jahr 1983.
37 Jahre später bleibt der Vorfall ein sensibles Thema. Im Iran wird er als Mahnung vor ausländischer Einmischung gesehen, während in den USA die Debatte über Verantwortung und militärische Entscheidungen andauert. Die fehlende formelle Entschuldigung und die Auszeichnung von Kapitän Rogers werden weiterhin kritisiert. Der Vorfall wurde in Dokumentationen wie der Serie „Mayday” (2005) und in literarischen Werken wie Kaveh Akbars Roman „Martyr!” (2024) aufgegriffen.
Der Abschuss des Iran-Air-Flugs 655 ist bis heute ein dunkles Kapitel in der Geschichte der US-iranischen Beziehungen. Während die USA den Vorfall als tragischen Irrtum darstellen, betrachten viele im Iran und darüber hinaus ihn als Akt der Aggression. Die andauernde Debatte über Reue und Verantwortung macht deutlich, dass die Wunden dieses Ereignisses selbst nach fast vier Jahrzehnten noch immer nicht verheilt sind.
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