Der französische Einzelhandelsriese hat seine Geschäfte in Jordanien, Oman, Bahrain und Kuwait eingestellt. Diese Entscheidung folgt auf wachsende pro-palästinensische Boykotte, sinkende Umsätze und finanzielle Belastungen. Sie zwingen das Unternehmen auch zu einer Umstrukturierung seiner europäischen Aktivitäten. Der Rückzug markiert einen dramatischen Einschnitt für die Kette, die seit Jahrzehnten in der Region präsent ist.
Carrefour steht seit Jahren im Fokus der BDS-Bewegung, die dem Unternehmen vorwirft, durch seine Geschäfte in Israel und den besetzten palästinensischen Gebieten Völkerrechtsverstöße zu unterstützen. In Israel betreibt Carrefour über eine Franchise-Partnerschaft mit Electra Consumer Products, dem Eigentümer der Supermarktkette Yenot Bitan, Filialen. Electra Consumer Products betreibt zahlreiche Läden, auch in sensiblen Gebieten wie Ostjerusalem und im besetzten Westjordanland, einschließlich illegaler israelischer Siedlungen wie Neve Ya’akov, Ma’ale Adumim, Ariel und Alfei Menashe.
Im Februar 2024 sorgte Carrefour für Empörung, als bekannt wurde, dass die israelische Franchise „Care-Pakete“ mit Lebensmitteln und Hygieneartikeln an IDF-Soldaten im Gazakrieg verteilt hatte. Die BDS-Bewegung verurteilte dies als Unterstützung militärischer Operationen. Carrefour wies die Vorwürfe zurück und betonte, es habe sich um Mitarbeiterinitiativen gehandelt, nicht um offizielle Unternehmensaktionen. Dennoch bleibt die Kette wegen ihrer fortgesetzten Geschäfte in Israel und den besetzten Gebieten stark umstritten. Kritiker werfen Carrefour vor, Produkte aus illegalen Siedlungen zu führen und Logistiknetzwerke zu nutzen, die mit diesen Siedlungen verbunden sind.
Die Schließung der Carrefour-Filialen in Jordanien, Oman, Bahrain und Kuwait wurde vom Franchise-Partner Majid Al Futtaim, der die Märkte seit 1995 betreibt, umgesetzt. Die betroffenen Filialen sollen in die neue Marke „HyperMax“ umgewandelt werden. Laut Majid Al Futtaim soll diese stärker auf lokal bezogene Produkte setzen, um den veränderten Kundenwünschen gerecht zu werden. Dieser Schritt folgt auf rückläufige Umsätze, die durch Boykotte und steigende Kosten in der globalen Lieferkette verschärft wurden.
Die Vorwürfe gegen Carrefour schlugen nicht nur im Nahen Osten, sondern auch in Europa hohe Wellen. In mehreren Ländern kam es zu Protesten:
– Frankreich: In Paris verteilten Aktivisten vor Carrefour-Filialen Flugblätter und riefen zum Boykott auf, da die Kette israelische Militäraktionen unterstütze.
– Spanien: In Barcelona blockierten Demonstranten die zentrale La Rambla vor einem Carrefour-Markt und forderten ein Ende der Geschäftsbeziehungen mit Israel.
Die Boykotte haben Carrefour finanziell getroffen. In Europa sieht sich der Konzern gezwungen, seine Geschäfte umzustrukturieren.
– Polen: Carrefour sucht Käufer für rund 800 Filialen und 40 Einkaufszentren.
– Italien: Die verlustbringende italienische Sparte wurde an die New Princes Group verkauft.
– Frankreich: Auf dem Heimatmarkt hat Carrefour 15 Hypermärkte und 24 Supermärkte mit über 4.000 Mitarbeitern an unabhängige Betreiber übergeben.
– Belgien: Bis 2026 sollen die verbleibenden sieben Cora-Hypermärkte geschlossen werden.
Carrefour betont, dass die Aktivitäten des Unternehmens in Israel ausschließlich über Franchise-Partner laufen und Carrefour internationalem Recht verpflichtet sei. Dennoch bleibt die Kritik von Menschenrechtsorganisationen und BDS-Aktivisten bestehen, die eine vollständige Trennung der Geschäftsbeziehungen zu Israel fordern.
Die Schließung der Filialen im Nahen Osten und die Umstrukturierung in Europa verdeutlichen die finanziellen und reputativen Herausforderungen, mit denen Carrefour konfrontiert ist. Experten prognostizieren, dass anhaltende Boykotte und geopolitische Spannungen den Konzern weiter unter Druck setzen könnten. Während Majid Al Futtaim mit HyperMax einen Neuanfang wagt, bleibt abzuwarten, ob Carrefour seine Position im Nahen Osten und darüber hinaus stabilisieren kann.
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