Blutbad in Kairo: 12 Jahre nach dem Rabaa-Massaker

Gestern jährte sich das Rabaa-Massaker zum zwölften Mal, eines der dunkelsten Kapitel der modernen ägyptischen Geschichte. Am 14. August 2013 töteten ägyptische Sicherheitskräfte unter der Leitung des damaligen Verteidigungsministers Abdel Fattah el-Sisi mindestens 817, nach einigen Schätzungen sogar über 1.000 Menschen, die gegen die Absetzung des gewählten Präsidenten Mohammed Morsi protestierten. Bis heute wurde niemand für diese Gräueltaten zur Rechenschaft gezogen und die ägyptische Regierung verweigert eine transparente Untersuchung.

Nach dem Sturz Morsis durch das Militär am 3. Juli 2013, dem ersten demokratisch gewählten Präsidenten Ägyptens und Mitglied der Muslimbruderschaft, versammelten sich Tausende seiner Unterstützer für 47 Tage in Protestlagern am Rabaa-al-Adawiya-Platz und am al-Nahda-Platz in Kairo. Die Demonstranten forderten die Wiedereinsetzung Morsis. Am Morgen des 14. August 2013 stürmten Sicherheitskräfte, unterstützt von Polizei und Armee, die Lager mit tödlicher Gewalt. Dabei setzten sie Scharfschützen, gepanzerte Fahrzeuge und Tränengas ein, um die Proteste niederzuschlagen. Es gibt Berichte über gezielte Erschießungen, willkürliche Tötungen und sogar die Verbrennung von Demonstranten. Mindestens vier Journalisten, darunter Habiba Ahmed Abdelaziz, verloren ihr Leben, vermutlich um die Berichterstattung zu unterdrücken.

Laut Human Rights Watch handelt es sich um „eines der schlimmsten Massaker an Demonstranten in der jüngeren Geschichte“, das mit dem Tiananmen-Massaker vergleichbar ist. Die genaue Opferzahl bleibt umstritten, da die Regierung keine vollständige Dokumentation zuließ. Schätzungen reichen von 817 bis über 1.000 Toten, darunter viele Zivilisten.

Zwölf Jahre nach dem Massaker hat die Regierung Ägyptens unter Präsident Abdel Fattah el-Sisi keine Schritte unternommen, um die Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen. Weder el-Sisi, der damals die Streitkräfte leitete, noch der damalige Innenminister Mohamed Ibrahim wurden strafrechtlich verfolgt. Menschenrechtsorganisationen wie Amnesty International und Human Rights Watch kritisieren die anhaltende Straflosigkeit, die eine Kultur der Unverantwortlichkeit im ägyptischen Sicherheitsapparat begünstigt hat.

Die Regierung hat versucht, die Erinnerung an Rabaa auszulöschen. So wurde der Rabaa-Platz umbenannt und öffentliche Gedenkveranstaltungen sind verboten. El-Sisi bestritt in einer öffentlichen Stellungnahme im Jahr 2024 jede persönliche Verantwortung und behauptete, seine „Hände seien nie mit Blut befleckt“ gewesen – eine Aussage, die von Aktivisten als zynisch verurteilt wurde.

Die internationale Reaktion auf das Massaker war 2013 verhalten, da Ägypten ein strategischer Partner westlicher Staaten ist. Zeitlich überschattet von den Chemiewaffenangriffen in Syrien im August 2013 geriet Rabaa in den Hintergrund. Menschenrechtsorganisationen fordern weiterhin unabhängige Untersuchungen, doch geopolitische Interessen scheinen eine stärkere Verurteilung zu verhindern.

Am 12. Jahrestag erinnerten Aktivisten, insbesondere die Muslimbruderschaft, über soziale Medien wie X an die Opfer, da Proteste in Ägypten unterdrückt werden. Dokumentarfilme wie ein 2023 bei der British Academy of Film and Television Arts (BAFTA) gezeigter Film halten die Erinnerung an die Ereignisse wach.

„Zwölf Jahre später gibt es keine Gerechtigkeit für die Opfer von Rabaa. Die Wunden dieser Tragödie sind noch offen“, sagt ein Sprecher von Amnesty International. Die Forderung nach einer unabhängigen Untersuchung und der strafrechtlichen Verfolgung der Verantwortlichen bleibt ungehört, während das Regime von el-Sisi seine Macht festigt.

Das Rabaa-Massaker bleibt ein Mahnmal für die anhaltende Herausforderung, Menschenrechte in autoritären Staaten durchzusetzen. Die Familien der Opfer und die internationale Gemeinschaft warten weiterhin auf Antworten – und auf Gerechtigkeit.

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