
Der Glaube an Gott oder eine höhere Macht nimmt einer neuen Studie zufolge in Deutschland weiter ab, während Muslime ihre Religiosität bewahren. Die „JugendTrendstudie 2025“, die in Berlin vorgestellt wurde, unterstreicht einen zunehmend säkularen Trend in der Gesellschaft – mit einer bemerkenswerten Ausnahme: Der muslimische Glaube bleibt für viele ein zentraler Lebenswert.
Religiosität in Deutschland nimmt ab
Fast 60 Prozent der 14- bis 29-Jährigen glauben laut Studie nicht an einen persönlichen Gott, bei den 30- bis 69-Jährigen sind es sogar 64 Prozent. Nur ein Drittel der Jüngeren und ein Viertel der Älteren geben an, dass ihnen der Glaube in Krisenzeiten Halt gibt. Insgesamt bekennen sich 55 Prozent der Befragten zu einer Religion, davon 41 Prozent zum Christentum und 10 Prozent zum Islam. Die Autoren der Studie kommen zu dem Ergebnis, dass Deutschland „sachlich und säkular orientiert“ ist, was es Religionsgemeinschaften erschwert, mehrheitsfähig zu werden.
Entgegen dem allgemeinen Trend ist der Glaube unter Muslimen nach wie vor stark verankert. Für 44 Prozent der befragten Muslime zählt der Glaube zu den drei wichtigsten Werten im Leben. Diese hohe Religiosität zeigt sich auch in der Praxis: Muslimische Frauen beten häufiger und gewissenhafter als Männer, obwohl sie seltener Moscheen besuchen. Die Studie „Muslimisches Leben in Deutschland 2020“ bestätigt, dass 90 Prozent der Muslime in Deutschland religiös sind, davon 41 Prozent hochreligiös im Vergleich zu 70 Prozent in der Gesamtbevölkerung. Besonders ausgeprägt ist die Religiosität bei den Sunniten (92 Prozent), gefolgt von den Schiiten (90 Prozent).
Trotz der hohen Religiosität der Muslime stößt der Islam in Deutschland auf Skepsis. Laut Religionsmonitor 2023 sehen 58 Prozent der nicht-muslimischen Bevölkerung Muslime als Bedrohung für Freiheiten und Rechte, 45 Prozent verbinden den Islam mit Gewalt. In Ostdeutschland ist die Ablehnung mit 57 Prozent besonders ausgeprägt. Dennoch zeigt die Studie, dass persönliche Kontakte zu Muslimen Vorurteile abbauen können: 46 Prozent derjenigen, die regelmäßigen Kontakt zu Muslimen haben, empfinden den Islam als Bereicherung.
Die Studien zeigen auch, dass Muslime in Deutschland gut integriert sind. Laut einer Studie der Bertelsmann Stiftung aus dem Jahr 2017 sind Muslime stark mit Deutschland verbunden, nur fünf Prozent sind arbeitslos und mehr als die Hälfte engagiert sich in Vereinen. Dennoch fühlt sich jeder zweite zugewanderte Muslim aufgrund seiner Herkunft ausgeschlossen. Die Studie „Muslimisches Leben in Deutschland 2020“ betont, dass die muslimische Bevölkerung mit rund 5,5 Millionen Menschen (6,6 Prozent der Gesamtbevölkerung) vielfältiger geworden ist, wobei Türkeistämmige mit 45 Prozent die größte Gruppe bilden.
Die Autoren der Studie fordern mehr Aufklärung und persönliche Begegnungen, um Vorurteile abzubauen. „Jugendliche, die in einem vielfältigen Umfeld aufwachsen, sehen den Islam weniger negativ“, betont der Religionsmonitor 2023. Dennoch bleibe die Herausforderung, die säkulare Mehrheitsgesellschaft mit der starken Religiosität der Muslime in Einklang zu bringen.
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