ABC muss Journalistin nach unrechtmäßiger Kündigung wegen Gaza-Post entschädigen

Das „Federal Court of Australia“ hat entschieden, dass die „Australian Broadcasting Corporation“ (ABC) die Journalistin Antoinette Lattouf unrechtmäßig entlassen hat, nachdem diese einen Social-Media-Beitrag geteilt hatte, in dem die militärischen Handlungen Israels im Gazastreifen kritisiert wurden. Das Urteil vom 25. Juni 2025 löste weitreichende Debatten über Pressefreiheit und den Einfluss von Lobbygruppen auf Medienentscheidungen aus. Die ABC wurde verurteilt, Lattouf eine Entschädigung von 70.000 AUD (ca. 39.000 Euro) zu zahlen; weitere Strafen sind noch offen.

Antoinette Lattouf, eine erfahrene Journalistin, wurde im Dezember 2023 für einen Fünf-Tage-Vertrag als Moderatorin der Sendung „Mornings“ bei ABC Sydney Radio eingestellt. Am 20. Dezember, drei Tage nach Vertragsbeginn, wurde sie entlassen. Auslöser war ein Social-Media-Beitrag, in dem sie einen Bericht von Human Rights Watch teilte, in dem Israel aufgefordert wurde, seine Bombardierungen in Gaza zu beenden, sowie ihre Unterstützung für Palästina zum Ausdruck brachte.

Berichten zufolge übten pro-israelische Lobbygruppen erheblichen Druck auf die ABC aus, unter anderem durch zahlreiche E-Mails und Medienberichte, etwa in News Corps „The Australian“. Dies führte laut Gerichtsakten zu einer „panischen Reaktion“ unter einigen leitenden ABC-Managern, von denen viele das Unternehmen inzwischen verlassen haben.

Das Federal Court unter der Leitung von Richter Darryl Rangiah stellte fest, dass die Entlassung gegen das australische Arbeitsrecht verstieß. Die wichtigsten Feststellungen des Urteils:

– Verstoß gegen das Fair Work Act 2009: Die Entlassung erfolgte aufgrund von Lattoufs politischen Meinungen, was einen Verstoß gegen § 772(1) des Gesetzes darstellt.
– Missachtung von Verfahrensvorschriften: Die ABC hielt sich nicht an die internen Regelungen des „ABC Enterprise Agreement 2022–2025”, die eine faire Anhörung bei Vorwürfen von Fehlverhalten vorschreiben.
– Vertragsbruch: Das Gericht wies die Argumentation der ABC, der Vertrag sei ohnehin ausgelaufen, zurück und stellte fest, dass die Kündigung eine unzulässige Vertragsauflösung darstellte.

Das Gericht ordnete eine Entschädigung von 70.000 AUD sowie weitere finanzielle Strafen an, deren Höhe in einer späteren Anhörung festgelegt werden soll. Das vollständige Urteil ist auf der Webseite des Federal Court verfügbar.

Die ABC hat sich offiziell bei Lattouf entschuldigt. Geschäftsführer Hugh Marks erklärte: „Wir bedauern zutiefst, wie diese Angelegenheit gehandhabt wurde, und die dadurch entstandene Belastung für Frau Lattouf. Die ABC hat ihre Mitarbeiter und das Publikum enttäuscht.“ Marks betonte die Notwendigkeit, sich gegen unzulässigen externen Einfluss zu wahren.

Der Fall hat eine breite Debatte ausgelöst. Alan Sunderland, ehemaliger Chefredakteur der ABC, forderte, dass die Senderleitung aus dem Vorfall lernen müsse, um zukünftigen Druck von Lobbygruppen widerstehen zu können. Paula Kruger, die CEO von Media Diversity Australia, wies darauf hin, dass der Fall das Vertrauen in die Medien sowohl intern als auch extern erschüttert habe.

Der Fall wirft ein Schlaglicht auf die Herausforderungen, denen Journalisten gegenüberstehen, wenn sie politische Meinungen in sensiblen Konflikten äußern. Er unterstreicht die Notwendigkeit, die Unabhängigkeit öffentlicher Medien zu schützen – insbesondere angesichts externer Einflüsse. Während einige Kommentatoren das Urteil als wichtigen Schritt für die Pressefreiheit sehen, stellen andere die Frage, wie Medien mit der Neutralität ihrer Mitarbeiter umgehen sollten.

Der Fall Lattouf wird die Diskussion über Medienethik, Arbeitsrecht und den Einfluss von Lobbygruppen voraussichtlich weiterhin prägen. Die noch ausstehenden finanziellen Strafen könnten die ABC dazu zwingen, ihre internen Verfahren zu überarbeiten, um zukünftige Vorfälle zu vermeiden. Für die australische Medienlandschaft bleibt dies ein Präzedenzfall, der die Balance zwischen Meinungsfreiheit und institutioneller Verantwortung beleuchtet.

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