
Ein tödlicher Polizeieinsatz in der Nacht zum Ostersonntag erschüttert Oldenburg. Der 21-jährige schwarze Deutsche Lorenz A. wurde von einem Polizisten erschossen. Der Vorfall löst bundesweite Debatten über Polizeigewalt und Rassismusvorwürfe aus, Tausende demonstrieren für „Gerechtigkeit für Lorenz“.
Nach Angaben der Polizei begann der Vorfall vor der Diskothek „Pablo’s“. Lorenz wurde wegen seiner Kleidung – einer Jogginghose – der Zutritt verwehrt. Es kam zu einem Handgemenge, in dessen Verlauf er Reizgas gegen das Sicherheitspersonal einsetzte, das dadurch leicht verletzt wurde. Lorenz flüchtete, verfolgt von mehreren Personen, die die Verfolgung abbrachen, als er angeblich mit einem Messer drohte.
Später traf Lorenz auf Polizeibeamte. Den Ermittlungen zufolge versprühte er erneut Reizgas, woraufhin ein 27-jähriger Polizist vier Schüsse abgab. Drei Kugeln trafen Lorenz von hinten in Hüfte, Oberkörper und Kopf, ein vierter Schuss streifte seinen Oberschenkel. Im Krankenhaus erlag er seinen Verletzungen. In seiner Hosentasche wurde ein Klappmesser gefunden, aber es gibt keine Beweise, dass er die Polizisten damit bedroht hat.
Die Staatsanwaltschaft Oldenburg hat gegen den vom Dienst suspendierten Polizisten ein Ermittlungsverfahren wegen Totschlags eingeleitet. Die Polizei Delmenhorst führt die Ermittlungen, um Neutralität zu gewährleisten. Videoaufzeichnungen aus der Umgebung werden ausgewertet, Bodycams waren nicht aktiviert. Niedersachsens Innenministerin Daniela Behrens bezeichnete die Obduktionsergebnisse, die Schüsse von hinten belegen, als schwerwiegend“. Sie forderte Aufklärung, warnte aber vor voreiligen Schuldzuweisungen.
Kritik kommt von Kriminologen wie Tobias Singelnstein, der mangelnde Deeskalation und das Ermittlungsmodell bemängelt. Die Initiative Gerechtigkeit für Lorenz“ fordert eine unabhängige Untersuchung, da die Beteiligung einer benachbarten Polizeidienststelle als unzureichend angesehen wird.
Der Tod von Lorenz löste große Anteilnahme aus. Am Tatort wurden Blumen und Kerzen niedergelegt, am 25. April demonstrierten rund 10.000 Menschen in Oldenburg. Viele sehen Parallelen zu anderen Fällen tödlicher Polizeigewalt gegen Nicht-Weiße wie Mouhamed Dramé oder Lamin Touray und werfen der Polizei strukturellen Rassismus vor.
Lorenz war in Oldenburg bekannt, spielte Basketball und wollte Tischler werden. Sein Vater Edu Abje sprach von tiefem Schmerz, äußerte sich aber zurückhaltend zu den Rassismusvorwürfen. Freunde beschreiben Lorenz als fröhlich und hilfsbereit.
Auf der Plattform X prallen die Meinungen aufeinander: Einige verurteilen die Polizei und sehen Lorenz’ Tod als Beweis für rassistische Gewalt, während andere den Polizeieinsatz verteidigen und auf Lorenz’ Verhalten und angebliche Vorstrafen verweisen. Dies wird jedoch als Versuch kritisiert, das Opfer zu kriminalisieren.
Der Fall hat die Diskussion über Polizeigewalt, Schusswaffengebrauch und Alternativen wie Taser neu entfacht. Fragen der Verhältnismäßigkeit und der Ausbildung von Polizisten stehen im Mittelpunkt. Die Ermittlungen laufen, aber die Umstände bleiben unklar.
Die Tragödie um Lorenz A. zeigt einmal mehr, wie dringend es ist, das Vertrauen zwischen Polizei und Bevölkerung zu stärken und strukturelle Probleme anzugehen. Oldenburg trauert – und fordert Antworten.
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