
Eine Gruppe internationaler Experten, darunter zwei ehemalige UN-Sonderberichterstatter und der israelische Historiker Ilan Pappe, hat den Weltfußballverband FIFA scharf kritisiert. Sie werfen dem Weltfußballverband vor, seine eigenen Statuten zu verletzen, indem er Israel erlaubt, Fußballspiele in den besetzten palästinensischen Gebieten abzuhalten. Der Vorwurf bezieht sich auf Spiele, die von der Israelischen Fußballvereinigung (IFA) in illegalen Siedlungen im Westjordanland organisiert werden, ohne dass die Palästinensische Fußballvereinigung (PFA) zustimmt.
Die PFA hat seit 2013 wiederholt Beschwerde bei der FIFA eingelegt, da Vereine wie jene in Ma’aleh Adumim, Kiryat Arba, Givat Zeev, Bikat Hayarden und Ariel – allesamt in besetzten Gebieten ansässig – in der israelischen Liga spielen. Dies verstößt gegen Artikel 64 (2) der FIFA-Statuten, der besagt, dass Mitgliedsverbände und ihre Clubs nicht ohne Zustimmung des betroffenen Verbandes auf dessen Gebiet spielen dürfen. Eine solche Zustimmung hat die PFA nie erteilt. Laut einem Gutachten des Internationalen Gerichtshofs (IGH) vom 19. Juli 2024 sind diese Siedlungen völkerrechtswidrig, da sie gegen die Vierte Genfer Konvention und das Recht auf Selbstbestimmung der Palästinenser verstoßen.
In einem offenen Brief an die FIFA, unterzeichnet von 30 Experten – darunter die ehemaligen UN-Sonderberichterstatter John Dugard und Michael Lynk – wird betont, dass die FIFA durch die Organisation von Spielen in Siedlungen die illegale Besatzung legitimiert. „Die FIFA verstößt nicht nur gegen ihre eigenen Statuten, sondern auch gegen grundlegende Prinzipien des Völkerrechts, wie sie vom IGH festgelegt wurden”, erklärte der Experte Max du Plessis, der an Südafrikas Klage gegen Israel wegen Völkermords beteiligt war.
Die Experten kritisieren die FIFA für ihre zögerliche Haltung. So wurde Russland 2022 nur vier Tage nach der Invasion in der Ukraine von der FIFA suspendiert, während der Verband trotz über zehn Jahre anhaltender Beschwerden der PFA keine Sanktionen gegen Israel verhängt hat. „Die FIFA wendet ihre Regeln selektiv an“, sagte Nick McGeehan von der Menschenrechtsorganisation FairSquare. „Dies ist ein eklatantes Beispiel für Doppelmoral.“
Neben der Organisation von Spielen in besetzten Gebieten wird der FIFA auch Diskriminierung vorgeworfen, insbesondere durch Vereine wie Beitar Jerusalem, deren Fans offen anti-arabische Parolen skandieren und sich selbst als „das rassistischste Team des Landes“ bezeichnen. Laut der PFA wurden seit Oktober 2023 über 343 palästinensische Sportler:innen, darunter 242 Fußballspieler:innen, durch israelische Angriffe getötet und die Fußballinfrastruktur in Gaza, einschließlich des Yarmouk-Stadions, wurde zerstört oder als Internierungslager genutzt.
Im März 2024 reichte die PFA einen Antrag auf Sanktionen gegen die IFA ein, was zu zwei FIFA-Untersuchungen führte: einer zu Diskriminierungsvorwürfen und einer zu den Siedlungsclubs. Trotz der Dringlichkeit hat die FIFA bisher keine Entscheidung getroffen. Beim 75. FIFA-Kongress im Mai 2025 erklärte Generalsekretär Mattias Grafström, die Untersuchungen seien noch im Gange, da die Komitees weitere Expertenberichte zu Territorialfragen benötigten. Die PFA kritisierte diese Verzögerungen als „Bürokratie, die die Leiden der Palästinenser verlängert“.
Die Forderungen der PFA werden von Menschenrechtsorganisationen wie Human Rights Watch, Amnesty International und FairSquare sowie von UN-Experten unterstützt. Fans weltweit, insbesondere die „Green Brigade“ des Celtic FC, üben durch das Zeigen palästinensischer Flaggen und Protestaktionen Druck auf die FIFA aus, um eine Suspendierung Israels zu erreichen.
Die Experten und die PFA fordern die sofortige Suspendierung der FIFA, da die fortlaufende Duldung der Siedlungsclubs gegen die Statuten des Verbands sowie seine Menschenrechtsverpflichtungen verstößt. „Die FIFA muss ihre Null-Toleranz-Politik gegen Diskriminierung und Rassismus konsequent umsetzen”, erklärten die UN-Experten. Sie verweisen auf die klare Rechtslage, die durch UN-Resolutionen und den Internationalen Gerichtshof (IGH) gestützt wird, und betonen, dass die FIFA nicht länger die Augen vor diesen Verstößen verschließen darf.
Während die FIFA ihre Untersuchungen fortsetzt, wächst der internationale Druck. Die PFA und ihre Unterstützer fordern eine klare Entscheidung, um die Rechte palästinensischer Sportler zu schützen und die Integrität des Fußballs zu wahren. Ob die FIFA ihrer Verantwortung nachkommen wird, bleibt abzuwarten, doch die Kritik an ihrer zögerlichen Haltung wird immer lauter.
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