Berlin: Rede des Freiheitsmarsches für Alparslan Kuytul

Der Gelehrte Alparslan Kuytul ist seit dem 08.02.2018 in Bolu in Isolationshaft. Obwohl er am Donnerstag, den 8.11.2018 in seiner ersten Gerichtsverhandlung vom Vorwurf der Terrorpropaganda freigesprochen worden ist, geht seine Isolationshaft weiter.

Am 4. November haben Unterstützer des Gelehrten einen Freiheitsmarsch und eine Kundgebung am Brandenburger Tor in Berlin veranstaltet.

Unserer Redaktion liegt der Wortlaut der Kundgebung vor und wir möchten mit unseren Lesern den Wortlaut der gehaltenen Rede teilen.

Meine Damen und Herren,

ich möchte mich für die Einladung zu diesem Freiheitsmarsch bedanken. Auch möchte ich mich bei jedem Anwesenden hier bedanken, der heute lautstark gegen das Unrecht gegen den türkischen Gelehrten Alparslan Kuytul protestiert hat.

Der ehrenwerte Gelehrte Alparslan Kuytul wird seit knapp 10 Monaten in einem Hochsicherheitsgefängnis in der Türkei mit Isolationshaft gefoltert. Weder gab es bisher ein Gerichtsprozess noch ein rechtskräftiges Gerichtsurteil noch irgendwelche Beweise, die eine Straftat belegen. Wegen dieser Ungerechtigkeit stehen wir heute hier. Wir stehen hier, um deutlich zu machen, dass wir solch ein Unrecht gegen einen unschuldigen Menschen zutiefst ablehnen. Es darf nicht sein, dass jemand 10 Monate mit Isolationshaft bestraft wird, wenn seine Schuld nicht bewiesen wurde. Zur Gerechtigkeit gehört, dass eine Person solange unschuldig ist, bis ihre Schuld bewiesen wurde.

Es mag die Frage auftauchen, warum wir hier in Deutschland unseren Unmut gegen eine Inhaftierung in der Türkei äußern. Die Antwort auf diese Frage lautet, dass wir deutsche Staatsbürger und die Einwohner Deutschlands sind, die hier leben und deshalb auch hier die Gelegenheit nutzen möchten, unsere Meinung zu diesem Unrecht kundzutun.

Das Recht auf freie Meinungsäußerung haben leider nicht alle Menschen auf dieser Welt. Und einer, dem man sein Recht auf freie Meinungsäußerung nahm, ist die Person, für die wir heute auf die Straße gingen, nämlich der islamische Gelehrte Alparslan Kuytul.

Der Gelehrte Alparslan Kuytul hat stets friedlich und auf die beste Weise den Islam gepredigt. Sein größter Wunsch und der größte Wunsch seiner Schüler ist die Heranbildung einer islamischen Generation, welche den Menschen die Schönheit des Islams friedlich vorlebt und die Lehren des Islams auf die beste Weise vermittelt. Als Gelehrter des Islams, der den Frieden seiner Gesellschaft durch die Verkündung der edlen Botschaft des Islams anstrebt, ist der Gelehrte Alparslan Kuytul immer seiner Pflicht nachgekommen, Missstände in seiner Gesellschaft und in seinem Land anzusprechen. Alparslan Kuytul sollte wie jeder Mensch das Recht haben, seine Meinung zu äußern und auch Kritik zu politischen Handlungen in seinem Land vorzubringen, um ggf. Schaden in seiner geliebten Heimat abzuwenden. Doch Menschen, die keine konstruktive Kritik ertragen können, wollten ihn durch Verleumdungen zum Schweigen bringen.

Seit dem 8.2.2018 wird er in einem Hochsicherheitsgefängnis gefangen gehalten. Man wirft ihm vor, dass er angeblich Organisationen wie dem IS, der PKK und der Gülen Bewegung geholfen und für sie Propaganda betrieben habe. Wie absurd solch ein Vorwurf ist, erkennt man daran, dass diese Organisationen allesamt untereinander selber verfeindet sind. Es widerspricht dem logischen Menschenverstand, dass eine Person Propaganda für drei miteinander verfeindete Gruppen gleichzeitig macht. Man hat offensichtlich eine Lüge in die Welt gesetzt, um Rufmord zu begehen und den Gelehrten zum Schweigen zu bringen, damit er keine unbequeme Kritik mehr äußern kann.

Erfreulicher Weise wurden Dokumente aus staatlichen Untersuchungsberichten veröffentlicht, die beweisen, dass der Gelehrte Alparslan Kuytul keinerlei Bezug und keinerlei Kontakte zu diesen drei genannten Organisationen hat. So haben der türkische Geheimdienst MIT, die Sicherheitsbehörden und die Behörde für Terrorbekämpfung allesamt in ihren Untersuchungsberichten dokumentiert, dass Alparlsan Kuytul in keinster Weise Bezug zu Terrororganisationen hat. Da diese Tatsachen sogar durch die staatlichen Organe und Behörden belegt und dokumentiert sind, ist es ein gewaltiges Unrecht, eine unschuldige Person seit knapp 10 Monaten mit Isolationshaft zu bestrafen und sie von seiner Familie zu trennen. Deshalb stehen wir heute hier. Wir fordern die Freiheit für Alparslan Kuytul.

Am kommenden Donnerstag wird sein Gerichtsprozess in der Türkei stattfinden. Wir fordern ein gerechtes Gerichtsverfahren! Wir fordern Gerechtigkeit. Wir fordern, dass diese staatlichen Untersuchungsberichte im Prozess von der Justiz berücksichtigt werden.

Denn wir sind felsenfest überzeugt! Wenn Alparslan Kuytul ein gerechtes Gerichtsverfahren bekommt, wo stichhaltige Beweise geliefert werden müssen, um eine angebliche Schuld zu belegen, dann wird er definitiv als freier Mann den Gerichtssaat verlassen. Denn es gibt keine Beweise für irgendeinen Bezug zu Terrororganisationen.

Wenn jedoch keine gerechten Urteile gefällt werden, sondern lediglich politische Urteile gefällt werden, um Menschen zum Schweigen zu bringen, dann wird die Ungerechtigkeit leider fortbestehen. Dass die Ungerechtigkeit gegen einen unschuldigen Menschen fortbesteht, lehnen wir ab. Und deshalb stehen wir heute hier. Wir stehen hier für das Recht auf Meinungsfreiheit.

Wir haben gestern in Dortmund und vor zwei Wochen in Hamburg gegen diese Ungerechtigkeit demonstriert. Leider wurde im Vorfeld der Demo in Hamburg falsch in den Medien berichtet, dass angeblich Islamisten für die Scharia und einen Gottesstaat auf die Straße gehen werden. Diese Medienberichte entsprachen nicht der Wahrheit. Wir sind in Hamburg und Dortmund und auch heute für die Freiheit von Alparslan Kuytul auf die Straße gegangen. In Hamburg als auch in Dortmund wurden Reden gehalten, die auf die irrsinnigen Medienberichte eingehen. Beide Freiheitsmärsche in den Städten Hamburg und Dortmund können auf Youtube auf dem Kanal „Furkan Gemeinschaft“ angeschaut werden.

Der innenpolitische Sprecher der CDU-Fraktion Herr Gladiator hat im Vorfeld der Demonstration in Hamburg fälschlicher Weise folgende Aussage auf der Internetseite cdu-hamburg.de getätigt: „(Ich zitiere) Extremistische Furkan-Gemeinschaft missbraucht Versammlungsfreiheit um ihre demokratiefeindlichen Ansichten zu verbreiten.“

Wir hätten uns gewünscht, dass sich Herr Gladiator unsere friedliche Demonstration und die darauf folgende Kundgebung anschaut. Dann hätte er gesehen, dass die Sympathisanten von Alparslan Kuytul allesamt für ein friedliches Miteinander in Deutschland stehen, wo jeder Mensch die Überzeugung des anderen trotz verschiedener Lebensanschauungen akzeptiert.

Der Hamburger AfD-Landessprecher Dirk Nockemann stellt wie Herrn Gladiator ebenfalls diese falsche Behauptung auf und schreibt auf der Hamburger AfD Internetseite folgendes zu der Demonstration in Hamburg: „(Ich zitiere) Dass jetzt auch noch Gruppierungen für die Einrichtung einer islamischen Zivilisation und der Scharia in Deutschland demonstrieren dürfen, ist ein sichtbares Zeichen dafür, wie dreist ein religiöser Totalitarismus bereits Fuß gefasst hat.“

Auch Dirk Nockemann und die Anhänger der AfD konnte man bei unserer Demonstration nicht antreffen. Es macht bei Herrn Gladiator und Herrn Nockemann den Anschein, als wolle man die angespannte Situation in Deutschland nutzen, um Angst in der Bevölkerung zu verbreiten und rechte Stimmen zu sammeln. Beiden Politikern legen wir unsere Reden in Hamburg und Dortmund ans Herz. Sie können sich unsere Reden auf der Youtube-Seite Furkan Gemeinschaft anschauen.

Auch wenn wir Muslime eine andere Weltanschauung und eine andere Auffassung über den Sinn des Lebens haben als viele Nichtmuslime, müssen diese Politiker akzeptieren, dass viele von uns hier geboren und aufgewachsen sind, und dass alle Anwesenden sich hier friedlich in diesem Land verhalten und sich mit ihren nichtmuslimischen Mitmenschen bestens verstehen. Dass man uns Muslime daran hindern wollte, eine Demonstration für die Meinungsfreiheit zu machen und für die Freiheit von Alparslan Kuytul, ist ein deutliches Zeichen für die voreiligen Schlüsse dieser beiden Politiker und könnte als Anzeichen dafür gewertet werden, dass diese beiden Politiker selber ein Problem mit der deutschen Verfassung haben, die uns das Recht auf freie Meinungsäußerung gewährt. Die Medien und diese Politiker schüren durch ihre Aussagen Ängste in der Bevölkerung und sind ein wesentlicher Grund dafür, dass ein Teil der deutschen Bevölkerung schrittweise nach rechts tendiert. Jeder Mensch hat das Recht, so zu glauben, wie er will. Niemand darf zu einer Überzeugung gezwungen werden. Davon sind wir als Muslime überzeugt, denn der Schöpfer aller Menschen sagt im edlen Qur’an: „Es gibt keinen Zwang im Glauben.“

Wir möchten uns an dieser Stelle bei der Berliner Polizei und bei den Behörden bedanken, die uns diese Demonstration unkompliziert ermöglicht haben, wo wir unsere Meinung kundtun durften. Wir hätten uns diese gute Art auch von der Polizei und den Behörden in Dortmund gewünscht. Leider hat man uns dort daran gehindert, auf den von uns gewünschten Straßen zu demonstrieren, wo wir mit unserer friedlichen Botschaft viele Menschen erreichen könnten. Stattdessen hat die Dortmunder Polizei unsere Demonstration in buchstäblich aller letzter Sekunde auf menschenfreie Straßen verlagert, wo nur wenige Menschen unsere Botschaft hören konnten, obwohl die Dortmunder Polizei uns zuvor versichert hatte, dass wir auf den von uns gewünschten Straßen demonstrieren dürfen. Wir hatten das starke Gefühl, dass man unsere Stimme verstummen lassen wollte, indem man unsere Demonstration auf menschenleere Straßen verlagert hat.

Wir erhoffen uns, dass die Menschen nicht über Muslime reden, sondern mit Muslimen reden. Lernt die Muslime von den Muslimen kennen. Lernt uns von uns kennen. Auf diese Weise werden sich viele Missverständnisse auflösen. Und wenn es Punkte gibt, wo Muslime und Nichtmuslime nicht einer Ansicht sind, dann sollten sie auf die beste und friedliche Weise die gegenteilige Ansicht des Gegenübers akzeptieren. Unser Schöpfer hat uns allesamt zu unterschiedlichen Völkern gemacht. So sagt unser Schöpfer im edlen Qur’an: „O ihr Menschen, Wir haben euch ja von einem männlichen und einem weiblichen Wesen erschaffen, und Wir haben euch zu Völkern und Stämmen gemacht, damit ihr einander kennenlernt. Gewiss, der Geehrteste von euch bei Allah ist der Gottesfürchtigste von euch. Gewiss, Allah ist Allwissend und Allkundig.“

Zu guter Letzt hoffen wir, dass niemand Sorge haben muss, eine andere Meinung zu haben, solange wir allesamt unsere Meinung friedlich äußern. Niemand soll für seine Meinung leiden; in keinem Land dieser Welt!

Wir haben uns hier versammelt, damit der islamische Gelehrte Alparslan Kuytul nicht zu Unrecht bestraft wird, denn er hat nichts anderes gemacht, als seine Meinung friedlich zu äußern. Wir stehen hier dafür, dass jeder das Recht auf seine eigene Meinung hat. Und deshalb fordere ich zum Abschluss meiner Rede: Gerechtigkeit, Meinungsfreiheit und Freiheit für Alparslan Kuytul.

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